Nicht nur den Sparern hierzulande fällt es äußerst schwer, im derzeitigen Niedrigzinsumfeld, ihr Geld zusammenzuhalten

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Wien – Dieser Tage erhielten zahlreiche Kreditnehmer Post von ihrer Bank. Was die Institute ihren Kunden in den Briefen mitteilen, hat mit Negativzinsen zu tun. Banken informieren darin, dass die Finanzinstitute den Sollzinssatz nicht negativ werden lassen, sondern ihn bei null einfrieren wollen. Mit anderen Worten: Auch wenn das Niedrigzinsumfeld anhalten und sogar weit ins Minus kippen sollte, wollen die Banken den betroffenen Kreditnehmern für die Aufnahme eines Kredits nichts auszahlen.

Dieses Ansinnen klingt auf den ersten Blick einmal verrückt, hängt aber mit den Konditionen für Kredite zusammen, die vielfach vergeben wurden – und zwar zu Zeiten, als von Finanzkrise und Niedrigstzinsphase noch keine Spur zu bemerken war. Bei variabel verzinsten Krediten wird häufig der Drei-Monats-Euribor (ein wichtiger europäischer Zinssatz) als Basis genommen, plus Aufschlag. Derzeit liegt dieser Euribor 0,02 Prozent im Minus; der Kundenaufschlag beträgt zwischen 1,5 und zwei Prozent. Da steht ein möglicher Negativzins quasi vor der Tür.

Problem bei Frankenkrediten

Noch schärfer ist das Problem bei den Frankenkrediten. Der Libor, ein Interbankenzinssatz, der in der Schweiz häufig als Basis für Kredite herangezogen wird, steht derzeit bei minus 0,75 Prozent; auch in diesen Fällen gibt es Kundenaufschläge von 1,5 bis zwei Prozent (Bonitätsklasse 1).

Für die Banken ist diese Situation denkbar unangenehm. "Die Sparkassen haben die Ansicht, dass Negativzinsen im Kreditbereich nicht weitergegeben werden – genauso nicht wie auf der Sparseite", sagt der Präsident des Österreichischen Sparkassenverbands, Gerhard Fabisch, zum STANDARD. Dieser Ansicht – dass bei null Schluss ist – sind mehr oder weniger alle Finanzinstitute gefolgt. Die Bank Austria etwa hat in einem Brief an ihre Kreditkunden schon im Frühjahr festgehalten, dass man auf alle Fälle einen Mindestzinssatz von 0,00001 Prozent verlangen will – egal wie tief im Minus die Zinslandschaft sich befindet.

Konsumentenschutz dagegen

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hält diese Rechtsansicht der Banken für nicht gerechtfertigt und hat dagegen Klagen eingebracht. "Eine diesbezügliche Entscheidung hinsichtlich der Libor-Problematik erwarten wir im Herbst. Das wird möglicherweise auch auf die Euribor-Problematik Auswirkungen haben", sagt Joachim Kogelmann vom VKI. Was Kogelmann auf jeden Fall empfiehlt: "Betroffene sollten ihrer Bank in einem eingeschriebenen Brief mitteilen, dass sie mit dieser Rechtsansicht nicht einverstanden sind". Dann heiße es warten, denn mehr kann man laut Kogelmann derzeit nicht tun. Auch mit einer gerichtlichen Entscheidung im Herbst wird seiner Ansicht nach das Problem noch nicht gelöst sein, denn die Banken würden im Ernstfall wohl zum Höchstgericht ziehen. "Eine endgültige Entscheidung erwarten wir nicht vor 2016".

Gesetzliche Regelung

Peter Bosek, Retail-Vorstand der Erste Bank, sprach sich am Freitag für eine gesetzliche Regelung in Sachen Negativzinsen bei Krediten aus. Zumal "uns dieses Thema die nächsten zwei Jahre beschäftigen wird". Auch die Erste Bank verrechnet bei den Krediten einen Aufschlag von in etwa 1,5 Prozent auf den aktuellen (negativen) Euribo-Satz bei Eurokrediten.

Die Banken stützen sich bei ihrer "Null-Zins-Politik" auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) vor einigen Jahren. Der OGH begrenzte dabei die Sparzinsen auf null. "Und was bei Sparzinsen gilt, muss auch beim Kredit gelten", meint Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer Österreich. (Regina Bruckner, Claudia Ruff, Johanna Ruzicka, 8.8.2015)